Selbstliebe lernen
warum es so schwerfällt und wie du dich annehmen kannst
„Ich wünschte, ich könnte mich einfach lieben.“ Diesen Satz höre ich oft in Gesprächen. Dahinter steckt ein tiefer Schmerz: das Gefühl, nie genug zu sein, immer zu streng mit sich selbst umzugehen oder innerlich wie abgeschnitten von Wertschätzung für das eigene Sein zu sein.
Selbstliebe klingt leicht – ein schönes Wort, fast wie eine warme Umarmung. Doch für viele ist es ein unerreichbares Ideal. Es fühlt sich an wie eine Tür, die man von innen nicht öffnen kann. Und je mehr man versucht, desto mehr wächst der Druck: „Ich müsste doch… ich sollte endlich…“
Warum Selbstliebe so schwerfällt
Es gibt viele Gründe, warum Menschen Probleme damit haben, sich selbst zu lieben.
- Frühe Erfahrungen: Wer als Kind vor allem Leistung oder Anpassung zeigen musste, hat gelernt: Liebe gibt es nur unter Bedingungen.
- Gesellschaftliche Botschaften: Medien, Schönheitsideale und Konkurrenzdruck erzeugen das Gefühl, ständig vergleichen zu müssen.
- Innere Anteile: In der IFS-Sprache sind es innere Kritiker-Teile, die dich hart bewerten, um dich vor Zurückweisung zu schützen.
Psychologie Heute schrieb dazu: „Selbstliebe ist kein Luxus, sondern ein Grundbedürfnis. Wer sie nicht leben kann, leidet nicht an Egoismusmangel, sondern an alten Wunden.“
Die Last von Selbstkritik und Scham
Selbstkritik wirkt wie eine Dauerschleife: „Du bist nicht genug. Du hättest es besser machen müssen.“
Scham legt sich wie ein Schatten über das Selbstbild.
Der Traumaforscher Gabor Maté beschreibt, dass viele Menschen ihre Authentizität geopfert haben, um Zugehörigkeit zu sichern. Wenn wir gelernt haben: „Ich darf nicht so sein, wie ich bin, sonst werde ich abgelehnt“, dann wird Selbstliebe fast unmöglich – weil ein Teil in uns noch immer fürchtet, dass Liebe gefährlich ist.
- G. Jung schrieb: „Alles, was wir ablehnen, kehrt als Schicksal zurück.“ Genau das passiert mit Selbstablehnung – sie bestimmt unser Leben, solange wir sie nicht anschauen.
Selbstliebe ist kein Egoismus
Ein Missverständnis hält sich hartnäckig: „Wenn ich mich selbst liebe, werde ich egoistisch.“
Doch das Gegenteil ist der Fall. Wer sich selbst annimmt, kann klarere Grenzen setzen, echter lieben und gesünder mit anderen in Beziehung treten.
Marshall Rosenberg (Gewaltfreie Kommunikation) sagt: „Selbstmitgefühl ist der Nährboden, aus dem alles andere wächst.“
Kleine Schritte zu Selbstannahme
Selbstliebe ist keine Technik, die man „macht“, sondern eine Haltung, die langsam entsteht.
- Freundliche Sprache: Rede mit dir wie mit einer guten Freundin.
- Körperfreundlichkeit: Nimm wahr, was dir gut tut – Wärme, Bewegung, Ruhe.
- Akzeptanz üben: Schreibe drei Dinge auf, die du heute akzeptierst – auch wenn du sie nicht magst.
- Grenzen spüren: Sag einmal „Nein“, wo du sonst automatisch „Ja“ gesagt hättest.
Studien zeigen, dass kleine, konsequente Selbstmitgefühlsübungen die innere Haltung nachhaltig verändern (Kristin Neff, Self-Compassion Research: https://self-compassion.org/research-science/).
Wenn es sich Hoffnungslos anfühlt
Dennoch gibt es Menschen, die trotz all dieser Übungen und Annäherungstechniken am Ende völlig verzweifelt zurückbleiben. Sie haben das Gefühl, wirklich schon alles versucht zu haben – von spirituellen Praktiken über das Lösen energetischer Blockaden bis hin zu jahrelanger Psychotherapie. Manche leben in Beziehungen, sind von Herzen geliebt, und doch bleibt das eigene Herz verschlossen. Selbst wenn sie einen Moment lang Zugang zu so etwas wie innerer Liebe spüren, empfinden sie dieses Gefühl oft als fremd, unangenehm, manchmal sogar bedrohlich.
Der Grund dafür ist, dass der Zugang zur Selbstliebe tatsächlich blockiert wird – und zwar durch Erfahrungen, die in der Vergangenheit zutiefst schmerzhaft waren. Diese Mechanismen wirken oft seit der frühen Kindheit, laufen unbewusst und haben sich mit der Zeit wie eine zweite Haut angefühlt. Man gewöhnt sich daran, ohne es zu merken – und genau das macht es so schwer, auszubrechen.
Die Folgen können vielfältig sein: vom ständigen Bedürfnis, anderen zu gefallen (People-Pleasing), über ein schwaches Selbstwertgefühl und Schwierigkeiten, Grenzen zu setzen, bis hin zu Selbsthass und sogar autodestruktivem Verhalten. All das sind Ausdrucksformen derselben Blockade – einer Schutzschicht, die ursprünglich einmal überlebensnotwendig war, die aber heute verhindert, dass echte Selbstliebe spürbar wird.
IFS-Perspektive: Selbstliebe entsteht, wenn Anteile entlastet sind
Das ist kein Scheitern. Im Gegenteil: Es ist ein Zeichen dafür, dass in ihrem Inneren besonders starke Anteile am Werk sind. Kritiker-Teile treten so hart auf, um dich zu schützen. Sie fürchten: Wenn sie nachlassen, wirst du verletzt.
Diese sogenannten Beschützer haben in ihrem inneren Familiensystem über Jahre hinweg eine enorme Kraft entwickelt. Sie fühlen sich zutiefst verantwortlich, wachen mit aller Entschlossenheit darüber, dass schmerzhafte Erinnerungen und Gefühle nicht durchbrechen. Ihre Absicht ist nicht, zu blockieren – ihre Absicht ist, zu helfen, um weiteres Leid zu verhindern.
Diese Beschützer verdienen Anerkennung, ja sogar Dankbarkeit für ihre unermüdliche Arbeit. Sobald sie verstanden und wertgeschätzt werden, verändern sie ihre Haltung. Viele Menschen erleben, dass diese Anteile beinahe erleichtert sind, endlich loslassen zu dürfen. Und in dem Moment, in dem die Beschützer zurücktreten, wird es möglich, die darunterliegenden verletzten Anteile zu entlasten. Das innere System richtet sich neu aus – und ein Weg öffnet sich, der zuvor unvorstellbar schien.
Dein Selbst – ruhig, klar, mitfühlend. Selbstliebe ist dann kein Ziel, das du erkämpfen musst, sondern eine natürliche Folge, wenn dein System sich sortiert.
Richard Schwartz (IFS-Begründer) beschreibt, dass das Selbst Qualitäten wie Mitgefühl, Ruhe und Klarheit trägt – und dass diese spürbar werden, sobald die Beschützer nicht mehr in Dauerstress sind.
Sacred Self – Raum für echte Selbstannahme
In meinen zweistündigen Sitzungen bei Sacred Self erlebe ich, wie Menschen oft zum ersten Mal wirklich freundlich mit sich selbst in Kontakt kommen. Kritiker-Teile dürfen erzählen, warum sie so streng sind. Verletzte Anteile dürfen entlastet werden.
Viele berichten, dass danach eine neue innere Wärme entsteht – nicht als Technik, sondern als echtes Gefühl: „Zum ersten Mal fühle ich, dass ich gut bin, so wie ich bin.“
Diese Erfahrung bleibt – weil nicht nur Symptome verschwinden, sondern das innere System sich neu ausrichtet.
Fazit – Selbstliebe als Haltung
Selbstliebe ist kein Instagram-Slogan und kein Luxus. Sie ist der Kern dessen, was uns lebendig macht. Sie wächst nicht durch Druck, sondern durch Freundlichkeit, Klarheit und innere Ordnung.
IFS kann dir helfen, diesen Zugang zu finden, indem dein System die Lasten ablegt, die dich bisher blockiert haben.
Und dann, ganz leise, kann Selbstliebe wachsen – als innere Haltung, die dich trägt.
>>> mehr über IFS Online Therapie bei Sacred-Self.